Michaela ist 35 und lebt mit ihrem Sohn in Bayreuth. Sie modelt und stand in der Vergangenheit schon mehrfach vor meiner Kamera. Zum Zeitpunkt unseres Treffens ist sie aber aufgrund einer Bauch-OP krank geschrieben.
Sie stellte sich als erstes Versuchskaninchen für mein Projekt „Seelengespräche“ zur Verfügung und wir trafen uns zum ersten Mal im „privaten“ Rahmen. Wir sprachen über Social Media, minimalistisch reisen, Geld, Ehrlichkeit und wie viel Ordnung zuhause denn sein „muss“.
Mit Kamera, Diktiergerätapp und einer Packung Chai Latte unter dem Arm, betätige ich Michaelas Klingel. Eine von vielen. Ich stehe vor einem Mehrfamilienhaus in einer ruhigen Ecke Bayreuths. Ich stelle mich auf Treppensteigen ein.
Aus einem unserer vergangenen Shootings weiß ich, dass sie, wie ich, eine Schwäche für Chai Latte hat und hoffe ihr eine Freude machen zu können.
Ich bin ein bisschen nervös denn wir hatten bisher nur „geschäftlich“ zu tun.
Die Tür surrt, ich trete hinein und die ersten Stufen hinauf. Da steht sie schon vor mir und strahlt mich an. Ich bin gleich etwas entspannter. Wegen ihrem Lächeln, aber auch wegen der Tatsache, dass ich nicht in den 5ten Stock hoch laufen muss.
Wir begrüßen uns mit einer Umarmung und ich trete in ihr Reich ein. Ob ich die Schuhe ausziehen oder anbehalten will, überlässt sie mir. Ich entscheide mich dafür sie auszuziehen. Ich mags bequem.
„Du kannst Dich noch dran erinnern….?!“, sagt sie und grinst als ich ihr die blaue Packung mit farblich passendem Schleifchen in die Hand drücke. Wir begeben uns in die Küche und Michaela bereitet uns zwei Tassen zu während sie einen Kuchen anschneidet.
Ich lasse mich auf einer der beiden Couchgarnituren im Wohnzimmer nieder. Den „offiziellen Start“ unseres Gesprächs, verschlafen wir.
Nebenbei, schon mittendrin im Gespräch, schalte ich meine Diktierapp, ein um nicht noch mehr zu versäumen. Wir sprechen über die Fotografie und Social Media.
„Ich bin eigentlich nur noch bei Model Kartei und Instagram.“, erzählt Michaela. Sie betont, dass sie bei Instagram eine „gesperrte“ Seite hat. Die Menschen die ihr folgen möchten, müssen eine Anfrage stellen. „So halte ich meine Stalker fern“, sagt sie schmunzelnd. Sie erzählt weiter:
„Das muss nicht jeder wissen, was ich gerade in meinem Leben mache oder mit wem ich zusammenarbeite. Klar du kannst jederzeit nen Fake Account erstellen, eine Anfrage schicken. Aber wie hast Du mal zu mir gesagt? Das ist noch so eine kleine Hürde. Wer aber so viel Zeit investiert einen Fake Account zu erstellen…„ – Ich falle ihr ins Wort: „… dem sei es dann auch gegönnt Dir folgen zu können.“.
Wir lachen beide.
„Ich hab für mich festgestellt, dass mich dieses ganze Social Media kirre gemacht hat“, sage ich zu ihr. Sie erzählt, dass sie inzwischen nicht mehr dauernd online ist und eher ab und zu ganz flüchtig durchscrollt. „Wenn mich dann Leute fragen warum ich ihre Beiträge nicht like, dann sage ich: >Weil ich nicht online bin.< Ich guck mal kurz drüber. Es interessiert mich nicht mehr so wie früher.“
Vor bereits etlichen Monaten habe ich meine ganze Freundesliste gelöscht und alle Seiten denen ich folgte. Ich habe, so erzähle ich Michaela, „einfach mal alles leer gemacht“. Inzwischen habe ich ein paar ausgewählte Seiten abonniert die mit Motivation, Selbststudium usw zu tun haben. „Wenn Du mein Facebook aufmachst, dann liest Du nur noch ein paar schlaue Sprüche. Mehr ist da nicht mehr“, füge ich hinzu.
Michaela verrät mir, dass sie inzwischen „leider auch schon wieder“ 30 oder 35 Freunde auf ihrer Liste hat.
„1000 Freunde hatte ich bei Facebook. Ich hab das ganze Profil gelöscht. Ich will das nicht mehr. Manch einer fragt mich, warum ich eine bestimmte Person auf der Liste habe und eine andere nicht. Jetzt denke ich mir: >Ich kenne dich nicht persönlich. Ich brauch dich nicht auf meiner Liste.< Dann sind sie halt beleidigt.. is mir wurscht. Ich bin jetzt 35. Ich hab das 34 Jahre lange mitgemacht, schon in der Schule . Und mir geht es viel besser so. Dir geht’s wahrscheinlich genauso. Ich denke mir: >Redet nur. Hauptsache ich bin im Gespräch. Mir geht’s gut.<“
Wir sprechen über „Stalking“, das Ausspionieren anderer Menschen über die sozialen Medien und ich erzähle Michaela wie irre ich es finde, wie viel Zeit Menschen damit verbringen sich über andere zu ärgern oder sich Gedanken über sie zu machen.
„Wenns was positives ist“, sagt Michaela, „ist es ja ok. Wenn man sich fragt wie es der Viola denn geht.. aber das ganze Stalking braucht es nicht.“
Wir kommen auf das Thema Reisen und das meine Familie und ich nun viel in der Natur unterwegs sind. Ich strahle und sage „Das ist Hammer!“
Michaela spricht die Ostsee an und ich merke ihr die Begeisterung an. „Dein Reiseziel das Du noch suchst…“, sagt sie, lächelt und spielt damit auf einen meiner letzten Blogbeiträge meiner alten Website an, indem ich darüber schrieb das wir so unentschlossen unser Reiseziel für den Sommerurlaub suchten. Auch die Ostsee schaffte es in die engere Wahl.
„An der Ostsee“, erzähle ich, „war ich ja nun schon ein paar Mal. Mit dem Mowag noch nicht aber das kommt vielleicht noch. Wir haben unser Reiseziel ja nun gefunden. Wir wollten erst über die Mecklenburgische Seenplatte an die Ostsee hoch. Mein Mann schlug dann aber eine Tour durch Tschechien vor. Ich hielt Frankreich für ein schönes Ziel. Plötzlich stand, total weit weg, Albanien im Raum. Wir stellten dann beide fest, dass es vielleicht doch etwas zu weit weg ist. Letztes Jahr waren wir ja in Norwegen, nur mit dem Auto und dem Zelt…. „
Michaela findet das cool. Sie ist ebenfalls der Typ der einfache Urlaube mag. Sie erzählt von ihrem Urlaub am Brombachsee, gemeinsam mit ihrem Sohn. „War vielleicht nicht so bequem aber es ging auch.“ All Inklusive habe sie aber auch mal ausprobiert, sagt sie.
Ich berichte ihr von unserer Norwegen Reise 2017 und wie wir unser Auto dafür ausgebaut hatten. Wir schliefen im Auto und auch im Zelt, je nachdem wo wir gerade standen und wie wir Lust hatten das Zelt aufzubauen. Viel Stauraum hatten wir im Auto also nicht. Wir stopften in jede noch so kleine Ritze.
„Da überlegst du dann schon was du denn wirklich braucht, mit wie viel man auskommt. Dieses Minimalistische, das Fokussieren hat mir total gefallen.“, sage ich ihr und Michaela stimmt mir zu.
„Ja genau so hatten wir das auch. Auto und Zelt und dann bist du halt zu Edeka gefahren und hast dir Cornflakes, Milch, was du halt brauchst, geholt . Mittags hast halt mal echt ne Pizza geholt oder einfach Brot, Wurst… wir waren halt wirklich die meiste Zeit am Strand, am Wasser. Da brauchst halt was zu trinken, ok, aber sonst… Die Leute fragen: >Wie machst du das immer mit den günstigen Urlauben?< Aber man braucht ja nicht viel.“
Ich gebe ihr Recht und erzähle, dass wir für unsere Schwedenreise 2018 lediglich die Fähre gebucht haben und alles andere auf uns zukommen lassen wollen. Im Vergleich zum letzten Jahr haben wir nun aber schon etwas Luxus. Ein festes Bett, einen guten Gaskocher. (Nachtrag: Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs wusste ich noch nicht, dass unser Mowag in Deutschland bleiben würde)
„Mit Kind braucht man da schon ein bisschen was“, meint Michaela, wobei ich ihr nicht unbedingt zustimmen würde. „Das ging letztes Jahr wirklich gut. Das war mega. Das Kind erzählt jetzt noch dass es wieder nach Norwegen möchte. Norwegen hier, Norwegen da.“,
„Mein Sohn sagte gestern“, fing Michaela ein neues Thema an, „Geld regiert die Welt.“
Sie fragte ihn wie er denn darauf kommt und er erzählte, dass man das doch schon in der Schule erkennt. Die Kinder mit den guten Klamotten und dem vielen Zeug sind die Beliebten. Wenn er da ankommt, wo er nicht so viel hat…
Michaela: „Ich hab ihm dann nen guten Satz gesagt wo ich im Nachhinein für mich – also manchmal sag ich Sachen zu meinem Kind wo ich denke warum hast du dir das selbst nicht schon längst mal gesagt (lacht) – Geld regiert leider die Welt, es ist nun mal so, deswegen muss man gut verdienen damit man nicht dasteht und nix hat aber man sollte sich nicht vom Geld regieren lassen.“
Ich stimme zu und schreibe mir diesen Satz direkt in meinen Notizblock.
„Geld regiert die Welt“, fuhr Michaela ihre Überlegungen aus, „aber Du darfst Dich nicht vom Geld regieren lassen. Du musst zwar Geld haben damit Du was zu essen kaufen kannst, Deinem Kind was gönnen zu können, Ausflüge machen zu können aber Du darfst Dich nicht davon regieren lassen. Du darfst nicht schlecht über andere reden die es nicht so gut haben.“
Ich denke an den schlauen Spruch mit der Arbeit und dem Leben. Michaela hilft mir auf die Sprünge.
„Lebe nicht um zu arbeiten sondern arbeite um zu leben.“ Da ist was dran finden wir beide.
Wir sprechen über die Konsole die sich Michaelas Sohn gewünscht hat, für die er aber selbst sparen musste. Sie beschreibt mir das Gerät, an dem noch ein kleineres Teil dran ist das „portable“ ist. Ich runzle die Stirn und amüsiere mich ein bisschen. „Ich versuche mir seine Wörter anzugewöhnen um mitzuhalten“ – „Also es ist tragbar.“ – „Genau.“ Wir lachen beide. Ich glaube wir sind beide schon steinalt.
Michaela führt die Geschichte weiter aus. „Er fing dann also das Sparen an und dadurch wissen Kinder das doch auch viel mehr zu schätzen als wenn sie alles sofort bekommen.
Von ihm kam die Frage, ob er noch ein Eis bekommt. Ich verneinte, weil er an dem Tag schon eins hatte, er müsse es selbst von seinem Taschengeld bezahlen. Er überlegte dann und sagte: >Ach nee, das Geld brauch ich für meine Nintendo Switch.< Die denken so mehr drüber nach. Was Geld für nen Wert hat.“
Mehr Bewusstsein schaffen. Das finde ich gut.
Sie erzählt sehr offen darüber, dass sie für ihren damaligen Lebensgefährten einen Kredit aufnahm um mit ihm in den Urlaub fahren zu können. „Der hat gut verdient, der konnte sich das leisten. Ich kam mir da so minderwertig vor. Jetzt im Nachhinein sag ich mir, ich war total blöd. Ich zahle heute noch diesen scheiß Kredit ab, verdammt.“ Sie lacht aber mir fällt so ein bestimmter Unterton auf.
„Klar war es mal schön so einen Urlaub zu haben aber heute denke ich, dass ich blöd war. Ich wollte ihm gefallen, hab nen Kredit aufgenommen um in den Urlaub zu fahren.. was hatte ich davon eigentlich. Nach drei Jahren Beziehung musste ich mir noch anhören: >Für euch würde ich keinen Cent bezahlen. Du musst schon selbst gucken wie du klar kommst.< Hey ne Familie werden.. so wird man keine Familie. Da muss man zusammen halten.“
Die Formulierung „ihm gefallen wollen“ liegt mir im Magen und ich spreche Michaela darauf an.
„Ja man will diesen Menschen gefallen oder sich anpassen. Das hab ich aber jetzt abgelegt. Ich pass mich nicht mehr an. Entweder mögen die Menschen mich so wie ich bin oder eben nicht.“
Michaela spricht von ihrem Sohn. „Verhaltensauffällig“ sagt man über ihn. Damit muss ein potenzieller Partner auch erst mal zurecht kommen.
Sie sagt sie sei im Moment lieber ohne Partner statt jemanden zu haben mit dem sie sich bezüglich ihres „schwierigen“ Sohnes streitet.
„Kannst du gut alleine sein mit dir?“, frage ich sie. „Bis letztes Jahr nicht. Ich hab mich schnell in Beziehungen gestürzt. Und wenns keine Beziehung war dann eben jemanden zum Spaß haben, mal ein paar Stunden. Bis letztes Jahr dachte ich das muss so sein. Im Moment weiß ich gar nicht ob ich noch eine Beziehung haben will, weil es mir gerade so gut geht.“
Ob es ein Schlüsselerlebnis gab möchte ich von ihr wissen.
„Ja. Als ich letztes Jahr im Krankenhaus war. Ich lag da und dachte mir: >Du liegst hier und bist völlig kaputt.< Durch den Stress bekam ich Untergewicht und Gürtelrose. Das tat alles so weh. Ich hatte überall Pickelchen und Eiterbläschen. Aber da kam immer so ein süßer Pfleger der mich schön eingecremt hat…“ Sie lacht.
Michaela erzählt, dass sie sich in diesem Moment gefragt hat warum sie eigentlich hier ist. Warum sie es soweit hat kommen lassen.
Mit nur noch 55kg bei 176cm konnte sie sich kaum noch auf den Beinen halten.
Sie zeigt mir ein Selfie. Nein, so dünn kenne ich sie nicht. Wir sprechen über unser letztes Treffen. Ein Shooting bei einem gemeinsamen Bekannten. Ich war als stille Beobachterin dabei und war schon damals überrascht darüber wie schlank sie geworden war. Dabei hatte sie damals noch „viel“ auf den Rippen.
Michaela erzählt, dass vor allem in der Fotografenszene nun über sie geredet wurde. „Das Model.. meint jetzt auf Magersucht machen zu müssen“. Kaum einer interessierte sich dafür was wirklich los war.
Darüber kommen wir auf das Thema Ehrlichkeit und wie viel Direktheit eine Freundschaft aushalten kann oder sollte.
Michaela: „… aber wenn die nicht erkennen, dass ich es ja gut meine mit ihnen wenn ich sie auf das Problem hinweise, dann ist das auch kein Freundschaft. Wer mich kennt weiß, dass ich das nicht böse meine. Auf diesem Trip bin ich momentan . Ich sage was ich denke. Aber auch wenn ichs böse mein sag ich das so (lacht)“
Ich berichte ihr, dass ich Ehrlichkeit derzeit auch intensiv übe. Ehrlich aber dennoch respektvoll sein. Nicht angreifend oder beleidigend.
Michaela erzählt, dass sie das teilweise schwierig findet. „Ich muss noch lernen meine Wut zu zügeln. Wenn mir jemand etwas Schlechtes will erst mal abwarten, schlucken. Und überlegen“, sagt sie.
„Emotional kann man keine rationalen Entscheidungen treffen und sagt vielleicht auch mal Dinge die arschig sind. Das ist es was ich mir vor Augen halten. Wobei es schon viel besser geworden ist…“, berichte ich ihr.
Michaela: „Ich kann das noch nicht so. Mir rutschen Sachen raus wo ich denke, ja ich hab das in dem Moment wirklich gedacht als ich es aussprach, aber musste das wirklich sein?“
Sie erzählt von ihrem Sohn, der ihr vor ein paar Tagen sagte, dass sie eine schlechte Mutter sei und überall lieber wäre als bei ihr. „Ja er hat das gesagt weil er sauer war.“, sagt sie. Trotzdem erkenne ich ihren Schmerz und kann ihn ein Stück weit nachempfinden.
„In dem Moment“, setzt sie ihre Erzählung fort, „ist mir gekommen das wir doch die Erwachsenen sind. Wir müssen vorher nachdenken. Als er dann kam und sich entschuldigte sagte ich zu ihm du musst doch vorher überlegen was du sagst. Dann dachte ich scheiße das musst du eigentlich selbst auch so machen.“
Etwas später beginnen wir mit dem Thema Ordnung und Sauberkeit. Ich erzähle, dass ich eine gewisse Ordnung brauche, es aber nicht steril mag.
„Ich würde Dir nicht empfehlen von meinem Boden zu essen aber es ist aufgeräumt und ordentlich.“
Michaela stimmt mir zu und erzählt das sie im Moment, aufgrund der OP, ohnehin nicht so viel machen kann. „Das Schlafzimmer ist erst mal Sperrgebiet.“
Ich finde das völlig in Ordnung. Wer befielt mir denn auch jedem meine Bude zeigen zu müssen? Ich frage mich ob das eine Art Geltungsbedürfnis ist, das manche Menschen haben.
Michaelas Spülmaschine ist seit etwa einem Jahr kaputt. Wie ich muss sie nun von Hand abspülen. Da sammelt sich schon mal ein bisschen an wenn man körperlich nicht fit ist. Ich werfe ein:
„Ich will aber auch nicht Abspülen müssen. Ich möchte das machen worauf ich Lust habe. Ich möchte Abspülen weil ich es möchte, nicht weil ich muss. Jetzt war ich mit meiner Küche dann aber doch an diesem Punkt wo der Leidensdruck zu groß war.“
Langsam kommen wir zum Ende unseres Gesprächs. Ich frage Michaela was ihr im Moment wichtig im Leben ist. „Gesundheit“ sagt sie. 2003 hatte sie einen schweren Unfall. Es folgte eine Not Operation die nicht gut verlief.
„Ich habe ständig gebrochen. Die Leute sagten, ich sei ein Psycho, brauche Mitleid. Ständig hatte ich Migräneanfälle. Alle wollten mir einreden, dass ich mir das einbilde.“
Bereits eine Woche nach der Not-OP kam es zum ersten Narbenbruch. „Normal kommt da ein Netz rein aber das hab ich nicht bekommen.“
Die körperlichen Beschwerden halten an. 15 Jahre später beginnt Michaela nachzubohren. Sie geht zu verschiedenen Ärzten. Auf dem Ultraschall war nichts zu erkennen, dennoch spürte sie, dass irgendwas nicht stimmt. „Da musst Du selbst dem Arzt erklären was Du eigentlich hast“, sagt sie verärgert, „aber gemacht wurde trotzdem nichts“.
Erst eine Chirurgin kam drauf was los war. „Sie drückte zweimal drauf.. Narbenbruch… Bingo.“ Ihre Bauchdecke wurde nochmals geöffnet. Dabei fand man auch Stücke ihrer Milz, die bei dem Unfall vor 15 Jahren (!), in ihre Einzelteile zerrissen wurde.
Sie zeigt mir ihre Narbe. „Du bekommst jetzt einen Striptease auf andere Art“, sagt sie zu mir und lächelt.
„Einen Seelenstriptease“ hängt sie an und ich fühle mich tief mit ihr verbunden.
„Die Narbe hat bisher keiner so richtig fotografiert. Damals auch nicht. Ich hab sie immer retuschieren lassen.“
Wenig später ist es Zeit für mich zu gehen. Michaela packt mir einige Stücke des Honigkuchens ein, den ich bei unserem Gespräch total vergessen hatte, bevor ich aufbreche. Ich habe nämlich völlig die Zeit vergessen.
Beim Verlassen der Wohnung fällt mir auf, dass zwei Fotos, die ich gemacht habe, im Flur hängen. Auf ihrer neuen Visitenkarte ist ebenfalls ein Foto, das aus meiner Kamera stammt. Mir wird nochmal ganz warm ums Herz.
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